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Variable Vergütung: Ist sie wirklich der Schlüssel zur Mitarbeitermotivation?

Lisa Rätze
Lesezeit: ca. 7 Minuten

Wer am längsten im Büro sitzt, bekommt den größten Bonus. Hört sich komisch an, ist allerdings nur eine narrative Variante der Faustformel: Mehr Leistung = mehr Geld. Individuell bemessene Sonderzahlungen in Form von Boni sind die beliebte Motivationspraxis deutscher Führungskräfte. Dabei stehen sie seit einigen Jahren zunehmend in der Kritik. Diskussionen rund um den Nutzen von leistungsbezogenen Ausschüttungen werden insbesondere vor dem Hintergrund der steigenden Bedeutung von Purpose für Unternehmen lauter. Viele der größten deutschen Unternehmen wie Bosch, Daimler und Commerzbank haben sich schon vor einigen Jahren von individuellen Bonussystemen verabschiedet. Dieser Beitrag soll die Vor- und Nachteile von monetären Bonussystemen beleuchten und in Kontrast zu anderen Motivationsfaktoren von Angestellten setzen.

Wozu werden verschiedene Formen von Bonussystemen genutzt?

Bei den Formen der leistungsabhängigen Vergütung lohnt es sich, eine Unterscheidung anhand ihrer Zielsetzung vorzunehmen. Individuelle Bonussysteme dienen meist der Motivationssteigerung und als Leistungsfeedback. Zusatzzahlungen auf Teamebene zielen auf gemeinsame Erfolge ab und sollen den Zusammenhalt der Mitarbeiter stärken. Die Ausschüttungen in Bezug auf den Erfolg des Unternehmens sollen dazu beitragen, dass sich die Angestellten stärker mit ihrem Arbeitgeber identifizieren und an das Unternehmen binden. Ob diese Zahlungen wirklich zu einer stärkeren Mitarbeiterbindung führen oder letztlich doch nur extra Gehalt bedeuten, bleibt fraglich.

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Was sind die die Vor- und Nachteile von individuellen Bonussystemen?

Eigentlich klingt es nach einer Win-Win-Situation: Die Mitarbeiter sind durch die Aussicht auf hohe Bonuszahlungen motiviert und geben ihr Bestes und die Unternehmen erreichen Quartalsziele und werden vorangebracht. Und doch verkündet Bosch, als eines der größten deutschen Unternehmen, bereits 2015 das Aus für individuelle Mitarbeiter-Boni. Der ehemalige Konzernchef Volkmar Denner betonte gegenüber der FAZ, dass Geld auch demotivierend wirken könne und Unternehmertum unterbinden würde. Seitdem gibt es die Ausschüttungen für Mitarbeiter nur noch, wenn die Firmenbilanz am Jahresende positiv ist und nicht mehr, wenn Angestellte individuelle Ziele erreichen.

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Dieses Beispiel wirft die Frage auf, welche Vor- und Nachteile individuelle Bonussysteme mit sich bringen und folglich auch, ob Bonuszahlungen positiv oder negativ für die Motivation der Mitarbeiter sind. 

Vorteile:

  • Boni können Mitarbeiter zu höheren Leistungen motivieren. Sie bieten eine externen Anreiz, der die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter steigern kann.

  • Die Aussicht auf hohe Bonuszahlungen kann die Attraktivität eines Arbeitgebers erhöhen und Interessenten anlocken.

  • Mit Bonuszahlungen kann eine Form der Wertschätzung für die Leistung der Mitarbeiter gezeigt werden.

  • Mitarbeiter können durch die externen Anreize den Wunsch nach beruflicher Weiterbildung und einem Karriereaufstieg entwickeln, um noch höher gesteckte Ziele zu erreichen.

Nachteile:

  • Die Motivation der Mitarbeiter kann durch Bonuszahlungen auch abflachen oder sogar sinken. Externe Motivationsfaktoren können intrinsische Motivation überlagern und ablösen. Problematisch wird es, wenn der externe Anreiz wegfällt oder schwächer wird: Mitarbeiter deren Bonus jährlich um die 5.000 Euro lag, werden einen Bonus von 4.000 Euro als demotivierend und sanktionierend empfinden. Um die Motivation zu steigern, müsste auch der Betrag jährlich steigen.

  • Boni können korrumpierend wirken. Jeden Tag mehrere Überstunden machen und auch im Urlaub ans Telefon gehen, werden am Ende des Jahres mit einer großen Summe entlohnt. Arbeitgeber können mit Zusatzzahlungen positive Anreize für fragwürdige Praktiken setzen.

  • Es kann zum Söldner-Effekt kommen. Die Mitarbeiter messen dem Bonus einen größeren Wert bei als ihrem Arbeitsplatz selbst und können leicht abgeworben werden, wenn andere Unternehmen höhere Zusatzzahlungen anbieten.

  • Individuelle Sonderzahlungen können Einkommensunterschiede verhärten und Ungerechtigkeiten entstehen lassen. Viele leistungsbezogene Faktoren lassen sich nicht objektiv messen und so können sich Mitarbeiter schnell ungerecht behandelt fühlen, wenn Kollegen deutlich mehr Geld als sie erhalten.

  • Aufgaben außerhalb der Zielsetzungen für den Bonus oder die Zusatzzahlungen können als weniger bedeutsam erachtet werden. So entsteht ein Tunnelblick, der ebenfalls in ungesunden Konkurrenzkampf ausarten kann. Wenn individuelle Ziele vereinbart wurden, kommt häufig die Zusammenarbeit mit anderen Kollegen und Teams zu kurz.

Bei genauerer Betrachtung der Vor- und Nachteile wird deutlich, dass sich vorerst positive Argumente, wie die Steigerung der Motivation und der Anreiz in der Mitarbeiterwerbung, schnell ins Negative umkehren können. Individuelle Bonussysteme sind oft ein Fass ohne Boden. Sie kosten das Unternehmen jährlich viel Geld, doch behindern das Wachstum der Firma, indem individuelle Faktoren über den kollektiven Erfolg gestellt werden.

Warum ist Mitarbeitermotivation so wichtig?

Natürlich fragt man sich jetzt: Reicht eine einheitlicher Bonus aus, um die Anreize der individuellen Zahlungen zu ersetzen? Entspricht diese Praxis dann dem Anspruch von Fairness und Leistungsgerechtigkeit? Dabei sollte die Frage doch eher lauten: Wie motiviere ich meine Mitarbeiter richtig? Denn wer die Antwort auf diese Frage kennt, kann von dort ausgehend ein Anreizsystem schaffen, dass langfristig motiviert, in eine moderne Arbeitswelt passt und für zufriedene Angestellte sorgt.

Die Themen Mitarbeiterbindung und Mitarbeitermotivation liegen eng beieinander, denn unmotivierte Arbeiter sind unzufriedene Arbeiter und diese sind weniger produktiv, öfter krank und kündigen schneller. Laut einer Studie von Gallup engagieren sich 68% der Arbeitnehmer nicht für ihr Unternehmen und leisten nur Dienst nach Vorschrift. Dieser Umstand kostet die deutsche Wirtschaft rund 100.000 Milliarden Euro.

Dieses Problem lässt sich bei so einer hohen Zahl kaum auf chronisch faule Angestellte abwälzen. Laut Gallup können Führungskräfte und Manager rund 70% der Varianz im Teamengagement beeinflussen. Das zeigt, dass viele Fachkräfte in Führungspositionen offenbar nicht wissen, wie sie ihre Mitarbeiter angemessen motivieren können. Die wirtschaftlichen Kosten sind eine Seite der Auswirkungen, doch auch auf das Unternehmen selbst bezogen, bedeutet diese grundlegende Unzufriedenheit eine hohe Fluktuationsrate und ein Risiko für die Unternehmenskultur. Zeit zum Handeln!

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Was motiviert Mitarbeiter?

Die Motivation von Menschen lässt sich in zwei Bereiche aufteilen: Extrinsische Motivation und intrinsische Motivation. Die extrinsische Motivation ergibt sich durch Anreize von außen, wie zum Beispiel Bonuszahlungen für erbrachte Leistungen. Das Problem mit dieser Form der Motivation ist, dass sie uns langfristig nicht glücklich macht. Im Arbeitskontext führt rein extrinsisch motivierte Arbeit zu einem Mangel an emotionaler Bindung an das Unternehmen.

Experten wie Daniel H. Pink, Autor des Buchs „Drive“ in welchem er Motivation auf Grundlage psychologischer Modelle näher beleuchtet, betonen zunehmend die Bedeutung intrinsischer Motivation in der Arbeitswelt. Intrinsische Motivationsfaktoren entwickeln wir aus uns selbst heraus. Wir tun Dinge und erfüllen Aufgaben, weil wir ihnen eine besondere Bedeutung beimessen. Pink benennt 3 Kriterien für den Aufbau intrinsischer Motivation:

  1. Purpose: Mitarbeiter müssen einen Sinn ihrer Arbeit erkennen und auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten.

  2. Autonomy: Angestellte müssen einen gewissen Freiraum erhalten und das Gefühl, eigene Entscheidungen treffen zu können und ein Stück der Verantwortung zu tragen.

  3. Mastery: Die Arbeit sollte jeden Tag ein bisschen herausfordernd sein. Mitarbeiter brauchen das Gefühl sich stetig weiterzuentwickeln und an ihren Aufgaben wachsen zu können. Das darf jedoch nicht in einen Zustand der Überforderung kippen. Trotz der Herausforderungen sollten Mitarbeiter spüren, dass sie ihre Arbeit beherrschen und erfolgreich sind.

Wie sieht ein modernes Anreizsystem aus? 

Mithilfe dieses Wissens stellt sich die entscheidende Frage: Was sieht Best-Practice im Umgang mit Anreizsystemen aus? Eine aktuelle Studie zeigt: Leistungsbasierte Vergütung hat nach wie vor eine Anreizwirkung, auch auf Young Professionals (vgl. Lisa Frank).

Moderne Anreizsysteme sollten eine umfassende Strategie verfolgen und individuell an das jeweilige Unternehmen angepasst werden. Selbst in der Frage: Individuelle Boni ja oder nein?, gibt es keine endgültige Antwort. Studien kommen je nach Branche und Arbeitsumfeld auf unterschiedliche Ergebnisse bezüglich der Auswirkungen solcher Systeme. Was jedoch unumstritten bleibt, ist die Tatsache, dass Geld allein längst nicht mehr ausreicht.

Weiche Faktoren, wie eine positives Arbeitsklima und eine gesunde Work-Life-Balance treten in den Vordergrund. Teamarbeit und Remote Arbeite nehmen zu und so lassen sich Individualleistungen immer schwerer einschätzen. Gelungene Anreizsysteme berücksichtigen diese Entwicklungen, indem sie ansprechende Incentives aber auch persönliches Feedback, regelmäßige Mitarbeitergespräche, Teamevents und interne Veranstaltungen berücksichtigen. Moderne Anreizsysteme sind somit vor allem am Aufbau einer positiven und wertschätzenden Unternehmenskultur interessiert. Wenn es gute Gründe gibt, einen produktiven Arbeitstag zu haben, kommt die Motivation fast von allein.

 

Quellen:

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/bosch-chef-volkmar-denner-schafft-boni-ab-13812475.html

https://blog.wiwo.de/management/2018/02/07/boni-bringen-nur-unheil-unternehmen-sollten-sie-abschaffen-gastkommentar-von-ulrich-goldschmidt/

https://www.gallup.com/workplace/339842/decades-low-engagement-germany-turn-around.aspx

https://jesterhoax.medium.com/what-if-you-didnt-pay-sales-people-commissions-1394b7711983

https://opus4.kobv.de/opus4-haw/files/1158/I000851027Abschlussarbeit.pdf

Über die Autorin: Lisa Rätze
Lisa Rätze

Lisa Rätze ist Redakteurin bei hiral für HR-Themen. Sie hat einen Abschluss für das Studium Lehramt an Grundschulen, unter anderem mit dem Studienfach Deutsch, und befindet sich nun im Bachelor für Psychologie. Ihr Fokus liegt auf Persolmanagement und Recruiting.

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