Benchmarking im HR: Defintion, Bedeutung, Prozess und Umsetzung
Beim Benchmarking werden die Leistungskennzahlen des eigenen Unternehmens in einen Vergleich zu Kennzahlen anderer Markteilnehmer gesetzt. Dies kann auch innerhalb einer Firma, etwa zwischen verschiedenen Abteilungen, erfolgen. Führungskräfte und Manager erhoffen sich so, Problembereiche aufdecken zu können und anschließend passende Verbesserungsmaßnahmen bzw. Best Practices zu finden. Auch im Bereich der Human Resources sind Benchmarking-Methoden ein beliebtes Mittel, um faktenbasierte Optimierungen vornehmen zu können. Dieser Beitrag beschreibt den Prozess und zeigt Vorteile und Ziele des HR-Benchmarkings auf.
Was wird unter Benchmarking im Personalbereich verstanden?
Das Benchmarking wurde vermutlich durch das japanische Unternehmen Xerox entwickelt, das diese Technik anwandte, als es seine Marktposition an den Konkurrenten Canon verlor. Beim Benchmarking handelt es sich um ein Management-Instrument, das mit sogenannten Benchmarks, zu Deutsch “Vergleichsmaßstab”, arbeitet. Sie werden angesetzt, um Unternehmen oder die Praxis ähnlicher Tätigkeiten miteinander zu vergleichen. Ziel ist es hierbei, Unterschiede und Leistungslücken zu anderen Unternehmen oder Abteilungen aufzudecken und aus diesem Verfahren Möglichkeiten zur Leistungsverbesserung bzw. Best Practices abzuleiten.
Beim Benchmarking können diverse Leistungskennzahlen, im Englischen auch als Key Performance Indicators (KPIs) bezeichnet, miteinander verglichen und unterschiedliche Benchmarkpartner ausgewählt werden. So vergleicht das Prozess-Benchmarking beispielsweise die Prozessabläufe des eigenen Unternehmens mit denen konkurrierender Unternehmen, um Prozesse effizienter zu gestalten und Möglichkeiten der Kostensenkung zu analysieren.
Die Prozesse und Kennzahlen der Konkurrenzunternehmen oder Partner werden mit den eigenen verglichen und einer genauen Analyse unterzogen. Somit können Betriebe unternehmens- und organisationsübergreifend voneinander lernen und den Erfolg der Firma steigern. Dieser Vergleich mit anderen Unternehmen kann innerhalb von Deutschland erfolgen, aber auch international erfolgen, etwa mit Vergleichsunternehmen in den USA.
Neben externen können Betriebe auch interne Benchmarks ansetzen und zur Optimierung verwenden. Dazu werden gleiche oder vergleichbare Tätigkeiten innerhalb des eigenen Unternehmens gegenübergestellt, um die beste Praxis zu identifizieren. Diese wird dann als Benchmark genutzt und auch auf andere Bereiche übertragen.
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Welche Bedeutung haben internes und externes Benchmarking für Unternehmen?
Je nachdem, welche Zielsetzung verfolgt wird und welche Vergleichspartner gewählt werden, unterscheidet man zwischen vier Grundtypen des Benchmarkings: internes, funktionales, generisches und Wettbewerbs-Benchmarking.
Wettbewerbs-Benchmarking (oder auch Competitive Benchmarking) erlaubt den direkten Vergleich mit der Konkurrenz und kommt einer Wettbewerbsanalyse sehr nah. Diese Form des externen Benchmarkings wird unter anderem im Employer Branding eingesetzt, denn durch sie können Arbeitgeber ihre Position in der Branche in Relation zu Vergleichsunternehmen bewerten. Sie wird ebenfalls eingesetzt, wenn junge Betriebe bestimmte Leistungsziele für die Brancheneinführung identifizieren möchten.
Funktionales Benchmarking, auch als strategisches Benchmarking bezeichnet, dient dazu, ähnliche Funktionen mit branchenfremden Partnern zu vergleichen. Ein zentraler Organisationsbereich wie die HR wird in ihrer Funktion mit Personalabteilungen aus anderen Branchen verglichen, um Optimierungsmaßnahmen ableiten zu können.
Das generische Benchmarking vergleicht über Branchen- und Funktionsgrenzen hinaus und setzt somit einen globalen Blickwinkel an. Dies hat die Neugestaltung oder Neuausrichtung der Personalabteilung oder interner HR-Prozesse zum Ziel.
Internes Benchmarking wird eingesetzt, wenn Unternehmen bereits eine Best Practice etabliert haben, diese jedoch abteilungsübergreifend geteilt werden muss. Der Vorteil interner Benchmarks liegt darin, dass die Unternehmenskultur und die tatsächliche unternehmensspezifische Wirkung einzelner Maßnahmen nicht vernachlässigt werden. Da externe Benchmarks sich häufig stark an der Vergangenheit orientieren, stehen sie oft wichtigen Innovationen und neuen Ideen für die Zukunft im Weg.
Einen individuellen Mehrwert sollten Unternehmen eher aus internem Benchmarking ziehen, wobei externe Maßstäbe als Orientierung dienen können.
Welche Vorteile bietet das HR-Benchmarking?
Die verschiedenen Arten des Benchmarkings können eine Reihe unterschiedlicher Vorteile mit sich bringen:
Selbstreflexion hilft den meisten Betrieben, existierende Praktiken stärker zu hinterfragen. Das überträgt sich meist auf andere Bereiche innerhalb der Firma, sodass Unternehmen mit bisher unbekannten Stärken und Schwächen konfrontiert werden. Dies beugt auch der sogenannten “Unternehmensblindheit” vor.
Das konkurrenzbezogene Benchmarking mit der Analyse von Vergleichsunternehmen erlaubt Firmen, die eigene Position in der Branche oder im Vergleich zur Konkurrenz besser einschätzen zu können. Darüber hinaus können die eigenen Praktiken, Methoden und Prozessstrukturen der HR realistischer eingeschätzt werden.
Aufgrund der genauen Datenerhebung und Analysen im Benchmarking-Prozess können nicht nur Leistungslücken innerhalb der Personalabteilung, sondern auch dahinter stehende Abläufe ermittelt werden. Somit können Unternehmen in der Intervention direkt an den Problemursachen anknüpfen.
Die abgeleiteten innerbetrieblichen oder externen Benchmarks stellen eine realistische Herausforderung und eine echte Chance zur Leistungsverbesserung dar.
HR-Benchmarking bildet einen guten Ausgangspunkt für die Weiterbildung und Motivation von HR-Mitarbeitern. Dazu müssen sie proaktiv in den Benchmarking-Prozess eingebunden werden, denn dies reduziert den Widerstand gegenüber Veränderungen und steigert die Mitarbeitermoral. Zusätzlich kann die kreative Energie der Abteilungsmitarbeiter für Planung und Umsetzung der Maßnahmen genutzt werden.
Der Abgleich mit Best-Practice Unternehmen und State-of-the-art-Praktiken kann zur Veränderung der Unternehmenskultur beitragen und Anstoß für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess sein.
Mithilfe der Implementierung andernorts identifizierter bester Lösungen können Unternehmen Veränderungen deutlich schneller und effizienter realisieren.
Weil HR-Abteilungen nicht an einem Markt agieren, verlieren sie häufig das Bewusstsein für ihre Wettbewerbsfähigkeit. Mithilfe der Analyse eigener Daten und des externen Vergleichs rückt der Wettbewerb stärker in den Fokus und erzeugt eine gesunde Unruhe, die in höherer Objektivität und Motivation münden soll.
Welche Risiken birgt das Benchmarking?
Neben den zahlreichen Vorteilen bestehen für Unternehmen auch bestimmte Risiken, die zu beachten sind. Werden die Prozesse anderer Unternehmen vollständig übernommen, kann dies zur übermäßigen Anpassung führen und eigene neue Ideen blockieren. Daher ist es wichtig, die identifizierten Benchmarking-Beispiele der Konkurrenz zu analysieren und an das eigene Unternehmen anzupassen, anstatt sie vollständig zu kopieren.
Zudem kann es passieren, dass falsche Schlüsse aus den KPIs gezogen werden, denn nicht jede KPI ist für jeden betrieblichen Bereich und Prozess gleichermaßen aussagekräftig. Daher ist es wichtig, darauf zu achten, die passenden Daten zu verwenden.
Ein wichtiger Punkt, der nicht vernachlässigt werden darf, betrifft die Transparenz, denn nur so ist es möglich, einen fairen Vergleich anzustellen. Wer den Benchmarking-Prozess nicht offen nach innen kommuniziert, riskiert es, Ergebnisse zu verzerren und verhindert dadurch echte Verbesserungen.
Welche Voraussetzungen müssen für erfolgreiches Benchmarking erfüllt sein?
Um erfolgreiche Benchmarking-Projekte durchführen zu können, müssen innerhalb des Unternehmens einige Voraussetzungen erfüllt sein:
Know-how über die internen Geschäftsprozesse: Die HR muss die Stärken und Schwächen der eigenen Prozesse kennen.
Vergleichbare Kennzahlen: Um Benchmarks durchführen zu können, müssen Kennzahlen oder Prozesse definiert werden, die sich 1:1 vergleichen lassen.
Kenntnisse durch ausreichende Informationen über Best-Practice-Unternehmen der eigenen Branche: Ebenso wie innerbetriebliche Best Practices müssen Abläufe und KPIs der Konkurrenz bekannt sein.
Der Wille, von Branchenführern und Konkurrenzunternehmen zu lernen und einen Nutzen aus dem generierten Wissen zu ziehen, ist wichtig für den Erfolg des Benchmarkings.
Auch nachdem das eigentliche Benchmarking abgeschlossen ist, sollte eine stetige Weiterentwicklung und Verbesserung unternehmensinterner (adaptierter) Lösungen angestrebt werden.
Nach Miller et al. (1992) müssen sich Abteilungsleiter und Führungskräfte eingestehen können, dass ein anderes Unternehmen bestimmte Prozesse besser durchführt als das eigene Unternehmen. Das Benchmarking fordert, eigene Arbeitsweisen und Methoden immer wieder in Frage zu stellen und offen für neue Ideen und Lösungen zu sein.
Wie läuft der Prozess für HR-Benchmarking ab?
Für die erfolgreiche Implementierung von HR-Benchmarking muss die Personalabteilung verschiedene Schritte durchlaufen.
Zuerst müssen Benchmarks und Ziele definiert werden, die das weitere Vorgehen bestimmen. Im ersten Schritt des Benchmarking-Prozesses werden in gemeinsamen Brainstorming-Meetings Bereiche gesammelt, in denen häufig Probleme auftreten und Verbesserungspotenzial besteht.
Im HR könnten zum Beispiel Recruiting-Verfahren oder Employer-Branding-Maßnahmen genauer unter die Lupe genommen werden. Die Zielsetzungen können qualitativer oder quantitativer Natur sein. Soll ein quantitatives HR-Benchmarking durchgeführt werden, können beispielsweise die Kosten und deren Verhältnis zur Leistung in den Fokus rücken. Qualitative Benchmarkingziele betreffen einzelne HR-Instrumente oder auch verkürzte Zeiten.
In dieser Phase ist es entscheidend, die gewünschten Resultate und Ziele des Benchmarking-Projekts vorab festzulegen. Diese Wunschergebnisse können später mit den tatsächlichen Resultaten verglichen werden.
Vor dem eigentlichen Vergleich müssen unternehmensinterne Informationen über zu verbessernde Prozesse der HR gesammelt werden. So könnten zum Beispiel Tester den eigenen Bewerbungsprozess durchlaufen und ihre Erfahrungen mit den im Betrieb praktizierten Methoden der Bewerberauswahl dokumentieren. Zudem kann mit allen beteiligten Mitarbeitern gesprochen werden, um weitere Perspektiven einzubeziehen. Die erhobenen Daten werden dann noch einmal betrachtet, um mögliche Schwachstellen und Verbesserungspotenziale einzugrenzen.
Im nächsten Schritt werden passende Benchmarking-Partner gefunden und ausgewählt. Eine präzise Auswahl ist wichtig, damit ein passender Vergleich entsteht. Das Partnerunternehmen sollte dem eigenen Betrieb so ähnlich wie möglich sein. Ansonsten vergleicht man sprichwörtlich Äpfel mit Birnen.
Nachdem geeignete Vergleichspartner gefunden wurden, müssen Messverfahren gewählt und zu vergleichende Kennzahlen (KPI) festgelegt werden. Kennzahlen, die besonders vergleichbar sind und sich deshalb gut eignen, sind zum Beispiel die folgenden Daten:
Mengendaten,
Strukturdaten,
Ereignisdaten,
Leistungsdaten oder
Kostendaten.
Im HR-Benchmarking können beispielsweise folgende Metriken verwendet werden:
Kosten pro Neueinstellung im Vergleich zu den Kosten für Weiterbildung,
Kosten der Personalabteilung in Prozent vom Gesamtumsatz,
HR-Kosten pro Mitarbeiter im Unternehmen,
Verhältnis der Anzahl an Bewerbungsgesprächen zu der Anzahl an Einstellungen,
Time to Hire,
Anzahl Mitarbeiter der HR pro Mitarbeiter im gesamten Unternehmen (Betreuungskosten).
Passende Kennzahlen und Untersuchungsschwerpunkte für den HR-Bereich sind anhand von individuellen Bedürfnissen zu bestimmen.
Jetzt folgt die Erhebung und damit die Kernarbeit im Benchmarking: Die eigene Leistung des Unternehmens wird mit den Benchmarks verglichen. Dazu muss im Benchmarking-Prozess zunächst herausgefunden werden, wo diese liegen. Es gibt strenge Richtlinien, etwa die DSGVO, welche Daten und Informationen zu diesem Zweck gesammelt und weitergegeben werden dürfen. Die Erhebung und Weiterleitung von personenbezogenen Daten ist zum Beispiel nur in ganz bestimmten Fällen erlaubt.
Nachdem alle bedeutenden Daten vorliegen, müssen diese korrekt interpretiert und eingeordnet werden. Die Ergebnisse dieser Interpretation bilden die Grundlage, um passende Optimierungsmaßnahmen auswählen zu können. Die Auswahl sollte sorgfältig getroffen werden, damit sich das Unternehmen nicht weiter von den festgelegten HR-Benchmarks entfernt.
Damit ist das Benchmarking für die HR-Funktionen noch nicht abgeschlossen. Es muss kontinuierlich gemessen werden, ob die gewählten Maßnahmen die gewünschten Resultate zeigen. Mehrere Messzeitpunkte sind wichtig, um feststellen zu können, ob die verschiedenen Zahlen auf die Maßnahmen oder zufällige Schwankungen zurückzuführen sind.
Wie wird Benchmarking als dauerhaftes Konzept umgesetzt?
Benchmarking kann in Benchlearning übergehen (vgl. Karlöf und Östblom, 1993). Das bedeutet, dass Unternehmen die durch das Benchmarking angestoßenen Lernprozesse institutionalisieren können. Demnach kann im Betrieb eine Umgebung geschaffen werden, die den kontinuierlichen Prozess des Lernens und Weiterentwickelns mit besserer Leistung und größerem Erfolg belohnt.
Im Sinne einer lernenden Unternehmenskultur werden immer wieder Betriebsvergleiche angestrebt und es wird kontinuierlich nach Verbesserungsmöglichkeiten gesucht. Es können Workshops mit Vertretern der “Klassenbesten” organisiert werden, um ein gemeinsames Lern-Netzwerk aufzubauen. Darüber hinaus kann ein internes Benchmarking-Team etabliert werden, das immer wieder Vergleiche anstrebt und dauerhaft nach Optimierungsbedarfen sucht.
Quellen:
Tucher, F.W.F. (2000). Das Managementkonzept Benchmarking. In: Benchmarking von Wissensmanagement. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-83459-1_3
https://karrierebibel.de/benchmarking/