Ausbildungsmarketing

Ausbildungsmarketing: Definition, Ziele, Instrumente und Prognosen

Lisa Rätze
Lesezeit: ca. 9 Minuten

Die Suche nach Auszubildenden wird für Unternehmen zu einer immer größeren Herausforderung. Veraltete Instrumente des Personalmarketings greifen bei der jungen Generation nicht mehr. Um Jugendliche anzusprechen und für den eigenen Betrieb zu gewinnen, investieren Arbeitgeber immer häufiger in gezieltes Ausbildungsmarketing. 

Was ist Ausbildungsmarketing? 

In der Definition kann Ausbildungsmarketing als spezielle Strategie des Personalmarketings beschrieben werden. Es richtet sich vor allem an Schüler und Jugendliche. Im Zuge des Marketings werden verschiedene Maßnahmen und Medien zur Rekrutierung neuer Talente ergriffen. Zur Begriffsdefinition des Ausbildungsmarketings gehören des Weiteren Konzepte zur Gewinnung von Azubis und Strategien zur Förderung und Weiterbildung junger Menschen.  

Welche Ziele verfolgt Marketing für Auszubildende? 

Mithilfe des Ausbildungsmarketings versuchen Betriebe in erster Linie geeignete Nachwuchskräfte für ihr Unternehmen zu finden. Gut ausgebildete Fachkräfte sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen. Jedoch geht die Zahl der Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz seit Jahren zurück. Um der demografischen Entwicklung entgegen zu wirken, muss das betriebliche Rekrutierungsverhalten hinterfragt und modernisiert werden. Firmen müssen potentielle Bewerber in Zukunft direkt ansprechen und von den Möglichkeiten in ihrem Betrieb überzeugen. 

Somit bestehen die Ziele von Ausbildungsmarkting darin: 

  1. Jugendlichen auf geeigneten Kanälen zu erreichen und in Kontakt zu treten,

  2. Informationen über die Möglichkeiten im Unternehmen zu übermitteln und den potenziellen Auszubildenen eine positive Candidate Experience zu verschaffen,

  3. Bewerber für den eigenen Betrieb zu gewinnen. 

Was wünschen sich Auszubildende heute von Unternehmen?

Beim Azubi-Recruting sollten die Bedürfnisse der Jugendlichen keinesfalls unbeachtet bleiben. Die Fachkräfte von morgen gehören der Generation Z an, die im Gegensatz zu früheren Generationen, indivuelle Anforderungen an ihre Arbeit und Ausbildung stellt. 

Laut Definiton zählen alle die zwischen den späten 90ern und 2012 geborenen wurden, zur Generation Z. Und obwohl nicht jedes Individuum in einer Generation gleich ist, lassen sich bestimmte übergreifende Werte der Zielgruppe erkennen, die sich auch auf die Arbeitswelt auswirken: 

  • Potenzielle Azubis sind als Digital Natives aufgewachsen. Sie sind noch technikaffiner als die Generation Y vor ihnen und fühlen sich vor allem in den soziale Medien sehr wohl. Trotzdem möchten sie von ihrem Arbeitgeber nicht ständig erreicht werden können. Eine gute Work-Life-Balance und eine klare Trennung von Arbeit und Privatleben sind ihnen wichtig. 

  • Im Gegensatz zur Vorgängergeneration legt Gen Z großen Wert auf finanzielle Sicherheit und Stabilität. Sie wünschen sich eine faire und leistungsgerechte Bezahlung. 

  • Junge Leute wollen sich mit ihrem Unternehmen identifizieren können. Nachhaltigkeit, gesellschaftliches Engagement und ein gutes Arbeitsklima ist der Zielgruppe besonders wichtig. 

Junge Menschen leben heute nicht mehr um zu arbeiten, sie arbeiten um zu leben. Unternehmen müssen somit in Zukunft eine Arbeitsumgebung schaffen, die den Bedürfnissen der Generation Z gerecht wird. Nur auf diesem Weg kann der Betrieb im Zuge des Ausbildungsmarketings als attraktiver Arbeitgeber vorgestellt werden und geeignete Nachwuchskräfte finden. 

Welche Instrumente und Maßnahmen gibt es im für die Rekrutierung von Auszubildenden?

Bei gezieltem Personalmarketing sollte eine Vielfalt von Maßnahmen in Betracht gezogen werden, um eine große Anzahl geeigneter Bewerber zu erreichen. Ein ausbalancierter Mix aus innovativen Methoden und neueren Ansätzen sowie herkömmlichen Maßnahmen kann dazu beitragen, einen möglichst großen Talent Pool aufzubauen. Erfolgreiches Ausbildungsmarketing sollte dabei stets die Bedürfnisse der Zielgruppe beachten und die Rekrutierung daran ausrichten. 

Social Media und Blogs

Das Internet und vor allem Social-Media-Kanäle sind das geeignetste Medium, um junge Menschen zu erreichen. Ein authentischer und gut gepflegter Online-Auftritt des Unternehmens bildet dabei die Basis. Vor allem in den soziale Medien bieten sich dem Arbeitgeber viele interaktive Tools, um mit der Zielgruppe in Kontakt zu treten. Folgende Maßnahmen können zu erfolgreicher Personalbeschaffung auf diesem Weg beitragen: 

  • Rekrutierung auf Social Media mithilfe von Stellenanzeigen auf beliebten Portalen wie Instagram, TikTok, Twitter oder Facebook,

  • ein Blog für Azubis auf der Firmen-Homepage, der realistische Einblicke in das Arbeitsleben bietet,

  • übersichtliche und informative Online-Ratgeber für Themen rund um die Ausbildung,

  • Stories, Videos und zielgruppengerechter Content von bereits angestellten Auszubildenden wirkt besonders authentisch,

  • auf speziellen Portalen für Auszubildende präsent sein.

Bewerbermessen und Events

Neben Social Media Recruiting spielt nach wie vor der persönliche Kontakt eine wichtige Rolle beim Recruiting. Dieser wird beim Ausbildungsmarketing vor allem auf Bewerbermessen, Jobbörsen und Karriereevents hergestellt. Diese Veranstaltungen können innerhalb der Schule oder extern organisiert sein.

Größere Unternehmen haben auch die Möglichkeit eigene Events oder Veranstaltungen der regionalen Schulen zu sponsern, um sich bei Schülern und ihren Eltern bekannter zu machen. 

Im Rahmen dieser Veranstaltungen bieten sich für Unternehmen viele Chancen bei den möglichen Azubis in Erinnerung zu bleiben. Give-aways mit dem Logo der Firma können eine Möglichkeit darstellen. Auch ein nettes Gespräch mit den Auszubildenden des Unternehmens kann als besonders positiv vermerkt werden. Während solcher Veranstaltungen sollte zielgerichtetes Ausbildungsmarketing auch die Eltern nicht vernachlässigen, denn sie haben oft einen entscheidenden Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder. 

Stellenanzeigen

Beim heutigen Azubi-Recruiting wird eine Stellenanzeige in der Tageszeitung kaum mehr Aufmerksamkeit erregen. Unternehmen müssen auf angebotene Ausbildungsplätze heute im Internet aufmerksam machen. Je interaktiver die Anzeige gestaltet wird, desto besser. Darüber hinaus sollte sie alle Informationen enthalten, die für die relevante Zielgruppe besonders wichtig sind. Im besten Fall führt sie zu einem Bewerbungsportal, über das Bewerbungen direkt verschickt werden können.

Praktika

Praktika gehören zu den klassischeren Instrumenten im Ausbildungsmarketing, doch sie können nach wie vor sehr effektiv sein, um neue Bewerber für den Betrieb zu begeistern. Ein Praktikum bietet für die potentiellen Auszubildenen die Möglichkeit einen realistischen Einblick in die Arbeit und den Betrieb zu erhalten.

Besonders für kleinere Unternehmen kann Personalmarketing in den Schulen eine wichtige Rolle spielen. Schüler müssen vor dem Berufseinstieg häufig Pflichtpraktika absolvieren. Wenn vor allem kleinere Betriebe sich in den Schulen der Region vorstellen, kommen sie für ein Schülerpraktikum eher in Frage.

Auch Tage der offenen Tür für Schüler können den Ausbildungsbetrieben die Chance geben, sich in ihren eigenen Räumlichkeiten zu präsentieren und die Zielgruppe anzusprechen. Azubi-Rekrutierung könnte mittelständischen Unternehmen in der Region so deutlich leichter fallen. 

Empfehlungsmarketing

Ausbildungsmarketing kann ebenfalls sehr gut funktionieren, indem junge Mitarbeiter Freunde und Bekannte rekrutieren. Sie empfehlen ihre Bekanntschaften für die Ausbildungsstelle und können dafür eine Prämie vom Betrieb erhalten. Diese Form der Werbung wirkt besonders authentisch und glaubhaft, da sie vom Personal selbst kommt. Die eigene Darstellung der Arbeit und des Arbeitsklimas kann auf diesem Weg von den eigenen Mitarbeitern verifiziert werden. 

Arbeitgeber- und Ausbildungssiegel

Im Bewerbungsprozess lassen unabhängige Gütesiegel ein Unternehmen attraktiver wirken. In den letzten Jahren nahm vor allem die Bedeutung von Arbeitgeberbewertungen auf Plattformen wie "kununu" oder "Glassdoor" deutlich zu. Ausbildungssiegel sorgen zum Beispiel für eine höhere Glaubwürdigkeit und repräsentieren zudem die Qualität eines Unternehmens. Potenzielle Bewerber könnten bei der Wahl ihres Ausbildungsplatzes von der Abbildung eines Gütesiegels positiv beeinflusst werden. 

Wie sehen Prognosen für die weitere Entwicklung des Ausbildungsmarktes in Deutschland aus?

Experten sehen die Sicherung des Fachkräftebedarfs als die größte Herausforderung der nächsten Jahre. Verschiedene Faktoren beeinflussen die Lage auf dem Ausbildungsmarkt: Aufgrund des demografischen Wandels gibt es immer weniger Schulabgänger. Zusätzlich dazu wollen immer mehr Schüler lieber ein Studium als eine Ausbildung nach ihrem Schulabschluss beginnen.  

Seit fast zwei Jahren erschwert die Corona-Pandemie die Lage auf dem Ausbildungsmarkt zusätzlich. Eine Trendwende ist im Moment nicht absehbar, denn die Anzahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge sinkt weiter.  

Zahlen und Fakten

540.900 junge Menschen bewarben sich laut Bundesinstitut für Berufsbildung (vgl. BIBB) im Jahr 2021 für eine duale Berufsausbildung. Das sind -0,9% weniger als im Vorjahr und ein neues Rekordtief seit 1992. Dabei spielt nicht nur die demographische Entwicklung eine große Rolle, vor allem die Corona-Pandemie hat seit 2020 zu diesen erheblichen Einbußen beigetragen. So sank nicht nur die Nachfrage nach dualen Berufsausbildungen, die Betriebe boten auch weniger Plätze an. 2021 entspannte sich die Lage etwas und das Angebot an Plätzen nahm wieder leicht zu (+1,7%), jedoch entspricht es nach wie vor nicht dem Stand vor der Pandemie. 

Rein rechnerisch seien die Chancen auf einen Ausbildungsplatz laut Experten immer noch gut. Nach wie vor gibt es mehr offene Stellen als Bewerber, so die Analyse. Trotzdem bekommen vor allem in städtischen Gebieten viele Bewerber keinen Ausbildungsvertrag. In Berlin zum Beispiel waren es im Jahr 2021, laut BIBB, fast 5.500 potenzielle Auszubildende.

Viele Unternehmen sind trotz fehlender Mitarbeiter sehr wählerisch in der Personalbeschaffung und lehnen Bewerber mit unzureichenden Qualifikationen häufig ab. Insbesondere die Chancen für Jugendliche mit Migrationshintergrund sind laut Bildungsexperten bei gleichen Voraussetzungen deutlich schlechter. 

Veränderung in Werten und Wünschen bei der jungen Generation

Die Tatsache, dass Betriebe und Azubis nicht zueinander finden, liegt unter anderem auch an neuen Wertvorstellungen der jungen Generation und veränderten Anforderungen an ihre Arbeitgeber. 

Ein gutes Einkommen, flexible Arbeitszeiten und eine ausreichende Digitalisierung am Arbeitsplatz lassen sich vor allem mit handwerklichen Berufen nicht vereinbaren. Gerade in dieser Branche fällt die Rekrutierung von Auszubildenden besonders schwer, da dem Handwerk nach wie vor das Stigma von harter körperlicher Arbeit, frühem Aufstehen und wenig Geld anhaftet.

Auch Eltern raten ihren Kindern von Ausbildungen ab, da ein Studium und somit ein höherer Berufsabschluss oft bessere Zukunftsaussichten verspricht. Doch Jugendliche achten auch selbst darauf, welche Folgen der gewählte Beruf für sie hätte. Laut einer weiteren Studie des BIBB vermuten Jugendliche teilweise negative Reaktionen, wenn sie eine Berufsbranche mit hohem Anteil an Hauptschulabsolventen wählen. Sie befürchten auf andere dann weniger intelligent und einkommensschwach zu wirken. 

Genau hier kann zielgerichtetes Ausbildungsmarketing ansetzen und das Bild von Ausbildungen in der Öffentlichkeit zum Positiven verändern. Diese Form des Personalmarketings wird in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen, um dem Trend der unbesetzten Ausbildungsplätze entgegen zu wirken. 


Quellen: 

https://www.bibb.de/de/149639.php

https://www.bibb.de/de/142022.php

https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/coronavirus-ausbildung-ausblick-jugendliche-100.html

https://www.spiegel.de/karriere/ausbildung-warum-das-handwerk-boomt-und-trotzdem-der-nachwuchs-fehlt-a-1222989.html


Über die Autorin: Lisa Rätze
Lisa Rätze

Lisa Rätze ist Redakteurin bei hiral für HR-Themen. Sie hat einen Abschluss für das Studium Lehramt an Grundschulen, unter anderem mit dem Studienfach Deutsch, und befindet sich nun im Bachelor für Psychologie. Ihr Fokus liegt auf Persolmanagement und Recruiting.

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